Freitag, 14. September 2012

Mein Marathon du Médoc 2012


Teil 1 – Die Vorbereitung

Ja, wo soll ich genau anfangen? Etwa, dass ich vor fünf Wochen nicht einmal wusste, dass es ihn gibt, den „längsten Marathon der Welt“.
Schon seit längerem habe ich mich nach insgesamt drei Jahren Lauferfahrung gefragt, ob ich es eines Tages überhaupt angehen sollte, das Erlebnis Marathon. Einige für mich erfolgreiche Halbmarathons hatte ich ja bereits in den Beinen, aber da meine Muskeln und Gelenke bisher jeden ernsthaften Gedanken an längere Strecken verhinderten, stellte sich die Frage „wann und wo?“ nicht, solange das „wie überhaupt?“ nicht geklärt war.
Klar war eigentlich nur, dass der erste und vielleicht einzige Marathon etwas Besonderes sein musste.
Als dann eines Donnerstag abends in der S-Bahn mein Handy klingelte, wurde mir die Entscheidung vom Schicksal abgenommen.
Eine freundliche Dame aus der Marketing-Abteilung von BMW fragte mich, ob ich mich daran erinnern könne, vor einiger Zeit bei einem Gewinnspiel für den Marathon du Médoc mitgemacht zu haben. Ich konnte weder bejahen noch verneinen, da ich bei einigen Marathon-Gewinnspielen, eher aus Gewohnheit als aus Gewinnerwartung, teilgenommen hatte. Da die Akustik sehr schlecht war, bat ich die Dame, mich später noch einmal anzurufen.
Ich hatte immer gedacht, solche Spiele seien nur zum Adressenfang, nicht im Entferntesten hatte ich erwartet, auch noch zu gewinnen.
Doch der Traum endete nicht abrupt, der erneute Anruf erfolgte. Ich würde fünf Tage mit www.laufreisen.de zum Marathon du Médoc fahren. Die Zusage war nach kurzem Blick in den Terminkalender Formsache.
Erst nun fing ich an, mich mit dem Ereignis überhaupt zu beschäftigen. Erstens war ich auf Grund einer Sprunggelenkverletzung in den letzten Wochen maximal 21km pro Woche, und das verteilt auf drei Einheiten gelaufen und zweitens hatte ich lediglich vier Wochen Vorbereitungszeit.
Gott sei Dank ist aber der „Médoc“ kein normaler Marathon. Über 50 Weingüter in der Region Pauillac werden durchlaufen, auf vielen Weingütern und auch unterwegs besteht die Verpflegung nicht nur aus Wasser, Cola und Obst. Nein, es wird Rotwein aus der Region oder vom Weingut, mal in Bechern, mal in Gläsern kredenzt. Dutzende von Kapellen und Bands spielen am Straßenrand und auf den Chateaus. Ein Großteil der Läufer ist verkleidet und die Stimmung ist unbeschreiblich gut.
Bleiben natürlich 42,195 km, die in irgendeiner Weise im Zeitlimit von 6:30:00 gelaufen werden müssen.
Dank intensiver kinesiologischer Behandlung durch Kerry Egan von der Chiropraktik Westend war mein Sprunggelenk weitestgehend schmerzfrei und prompt lief ich in meinen persönlichen Super-GAU: Ich hätte es wissen müssen, man kann seine Wochenpensum unmöglich von 21 auf 52 km steigern, ohne ernsthafte Folgen zu verspüren. Obwohl ich von vorne herein die Run&Walk Strategie von Jeff Galloway wählen wollte und sehr langsam lief, bedeuteten zwei lange Trainingseinheiten hintereinander das vorläufige Aus.
Die Diagnose war ernüchternd und niederschmetternd: Schienbeinkantensyndrom. Die Behandlung eindeutig: Ruhe, Ruhe, Ruhe und Eis. Lediglich Fahrrad war möglich und erlaubt, aber wie sollte ich knapp 42 km durchstehen, wenn ich nicht mal 500m schmerzfrei gehen könnte?

Mit großem Frust und eigentlich ohne Hoffnung ließ ich mich nun zwei Mal pro Woche von Kerry behandeln, doch Fortschritte gab es, zumindest aus meiner Sicht, keine.
Sie war zwar zufrieden und zuversichtlich, hätte sie doch meine wahre Schwäche entdeckt, doch für mich war das wenig Trost, der Marathon rückte näher.
Mein letzter Termin war Dienstag vor dem Lauf, doch am Montag brach sich meine Therapeutin den Fuß.
Und hier fängt eigentlich meine „Liebesgeschichte“ an. Kerry, die mir von José und Nicola so wärmstens empfohlen wurde, schrieb mir, sie wolle mich unbedingt noch einmal behandeln um mir meine Chance nicht zu vereiteln.
Nach einigen Mails und Telefonaten und nochmals geduldigem Warten in der Praxis, traf sie, selbst humpelnd mit Schiene, in der Praxis ein und mir stand die härteste, längste und schmerzhafteste Behandlung der letzten Wochen bevor.
Weit über eine Stunde wurde gedrückt, gezogen, gerenkt und wieder gedrückt. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass Bohren beim Zahnarzt dagegen wie streicheln ist.
Und das Wunder geschah. Als ich die Folterbank verließ, war der Schienbeinschmerz einem höllischen Muskelkater gewichen aber ich konnte endlich wieder schmerzfrei gehen.
Trainingseinheiten waren keine mehr vorgesehen, wie auch, nur die Bestätigung von ihr, dass der Zustand meiner Muskeln in den vergangenen Jahren noch nie so gut gewesen sei, wie zu diesem Zeitpunkt.
Ich war und blieb skeptisch und horchte weiter intensiv in meinen Körper hinein.

Teil 2 folgt ...

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